Bier statt Prosecco – die Villa taugt als Underground-Club

Nach Prosecco wurde selten gefragt auf der Vernissage zu Cris Koch 343 m/s. Eine junge Szene entdeckte am Freitag den Kunsttempel an der Prinzregentenstraße für sich. Und lernte, dass man nicht nur im Haus der Kunst und in den Kammerspielen ausgezeichnet Partys feiern kann. Eigentlich wollte die Dame vom Sicherheitsdienst um 23 Uhr nach Hause gehen. Nun ist es  Mitternacht und das Szenevolk stolpert noch immer durch den abgedunkelten Kellerraum der Jungendstilvilla. Die begehbare Kunstinstallation des Wahl-Berliners Cris Koch soll an einen versifften Kellerclub erinnern. Und das tut sie. Man würde schwören, kalten Zigarettenqualm zu riechen. Verstörend wird es auf den zweiten Blick. Hinter dem DJ-Pult gibt es kein schwarzes Vinyl, sondern nur bemalte Platten. Und das Schlagzeug auf der kleinen Bühne ist aus Haushaltsutensilien zusammen gebastelt.

Der Frau vom Sicherheitsdienst gefällt die Schau trotz der unerwartet langen Arbeitszeit. Ab und an passiert ja auch etwas. Ein Pärchen hat sich die Inhaltsangabe eines 70er-Jahre Erotikfilms vorgelesen. Der Text war irgendwo aufgeklebt. „Die sind vor lachen am Boden gelegen“, amüsiert sich die Frau mit der Uniform.

Ein Stockwerk höher steht Barbara Streidl hinter einem funktionierenden Mischpult. Der Zündfunk (gemeinsam mit mucbook Medienpartner der Schau) hat sein Redaktionsmitglied zum Partymachen geschickt. Streidl kennt man neuerdings vor allem als Alphamädchen-Autorin.

Auch Cris Koch, der gar nicht mehr damit fertig wurde, Glückwünsche glücklicher Frisch-Fans entgegen zunehmen, feiert tüchtig an diesem Abend. Und macht seiner Independent-Leidenschaft alle Ehre. Beim Auftritt seiner Wunschband Bambi Davidson (mit der er auch schon musiziert hat) steht er headbangend in der ersten Reihe. Die Wollmütze auf dem Kopf, die Augustinerflasche in der Hand und genießt den Psychedellic-Pop zwischen Sonic Youth und Velvet Underground. Kuratorin Anne Marr schaut dem Jungkünstler zufrieden zu. Sie hatte den gebürtigen Franken für die Ausstellungsreihe in die Villa geholt. Collagen von ihm hatte sie einst in ihrem WG-Klo hängen. Auch damals schon dort mit großem Erfolg.

Maler, Musiker und Mützenträger  – während der Vernissage setzte Cris Koch seine Strickkappe nicht ab.

Stammgäste staunen über viele neue Gesichter in ihrer Villa. Come together im Foyer bei Underground-Psychedellic von Bambi Davidson.

Tapetenfetzen und versiffter Teppich – Cris Koch verwandelte einen Kellerraum der Villa Stuck zur Kult-Installation einer Generation, die mit Proberäumen und Partykellern groß geworden ist.

Fotos: Sebastian Gabriel

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