Die Villa rockt – ein erstes Fazit von Direktor Michael Buhrs

Teil eins der Ausstellung RICOCHET wurde mit viel lauter Musik im Foyer der Villa Stuck verabschiedet. Und zu guter Letzt stand Künstler Cris Koch persönlich an den Turntables.

Um viertel nach acht schließt die Dame von der Aufsicht behutsam aber bestimmt die Tür zur Ausstellung mit Jugendstiltextilien. Sie selbst bleibt innen, während im Foyer der Villa Stuck Still too few ihren Auftritt mit laut krachigem Geschrammel beginnen. Weniger empfindlich scheinen die Historischen Räume und die Werke von Christoph Brech zu sein: Die Tür bleibt den ganzen Abend über offen und immer wieder wagen Konzertbesucher den Blick hinein, auch um manchmal vor den völlig unterschiedlichen Stilen der vier Bands an diesem Abend in die Ruhe der Villa einzutauchen.

Die Finissage zur Ausstellung »Cris Koch. 343 m/s« im Rahmen der Reihe RICOCHET ist Schluss- und Höhepunkt der vergangenen acht Wochen. Am 27. und 28. Februar und am 2. März treffen sich vier Bands in der Villa Stuck, neben den erwähnten Still too few die Riva Divas, Dave a Marat und die Like Loonies. In intensiven Stunden werden Songs in den Räumen des benachbarten Freien Musikzentrums aufgenommen, Bandfotos in und rund um die Villa Stuck gemacht, Videos gefilmt und Band-Shirts gedruckt. Am Samstag Abend dann beginnt der Aufbau im Foyer der Villa Stuck, der erste Soundcheck läuft, die weiteren dann am Sonntag kurz nach Ende des regulären Museumsbetriebs. Innen herrscht gespannte Nervösität, der Merchandising-Stand wird aufgebaut, draußen am Eingang stauen sich die ersten Gäste…

Inmitten des Trubels Cris Koch, gibt letzte Tipps, verteilt aufbauende Worte an die jungen Bands und scheint selbst überhaupt nicht nervös zu sein, dass in einigen Stunden sein lange geheim gehaltener Auftritt in seiner Installation, seinem Plattenladen-Atelier-Club folgt. Niemand ahnt zu diesem Zeitpunkt, dass sich der schüchtern wirkende Künstler zum Berserker und Monster-Performer wandeln wird, kaum dass er den Verstärker vor Augen hat.

Zurück nach oben: Still too few rocken das Publikum, müssen als Opener des Abends aber die Stimmung von gefühlten minus fünf Grad draußen auf Betriebstemperatur bringen. Nach den ersten Riffs wird klar: heute Abend wird es laut, wenn die Villa dem Erdboden gleich gemacht wird, dann bei SONIC STUCK! Im Anschluss die Riva Divas, die schon bei der Präsentation der Bandvideos vor dem Konzert den größten Applaus abgesahnt hatten. Eltern, Großeltern, Geschwister, Freunde, alle sind da, um die Mädchenband aus dem RIVA Nord in Milbertshofen/am Hart zu feiern … Dass sie ihr Publikum im Griff haben wird nach den ersten Sekunden klar, und als sie am Ende „die Hände“ fordern, reißen alle begeistert zu „Respekt“ diese in die Luft.

Nach kurzer Umbaupause wird es Englisch und man merkt den Jungs von Dave a Marat an, dass da alte Hasen am Werk sind, die bald schon ihren nächsten Auftritt im Atomic Café absolvieren. Die Setlist sitzt, das Publikum geht begeistert mit und die Groupies in der ersten Reihe blicken sehnsuchtsvoll zur Bühne. Kurz nach halb zehn betreten die Like Loonies die Bühne. Mit Liebe zum Detail, mit viel Charme und mit höchster Professionalität beeindrucken das Video, die Bandfotos in den Isarauen und die wunderbaren T-Shirts! Und der Auftritt steht dem in nichts nach, sondern ist das Sahnehäubchen nach einem wunderbaren Abend. „Fight“ vom SONIC STUCK-Sampler ist nicht nur mein absoluter Liebling, sondern ist der anerkannte Höhepunkt des Konzerts.

Anne Marr, Kuratorin der Ausstellung und Initiatorin des Bandworkshops, lockt das Publikum noch einmal in den Keller, der für die Dauer der Ausstellung die Implosion des visuellen Universums von Cris Koch war, ein analoger Kraftraum, dem jeder Retro-Charme fehlt, der stattdessen mit beiden Beinen im Jetzt steht.

Der Künstler betritt die Bühne und sofort wird deutlich, woher die Energie seiner Arbeiten kommt, finden die vorher nur bildnerisch wahrnehmbaren Reminiszenzen an die Musik lautstark den Weg in die Nervenzellen des Publikums. Konzentrierte 30 Minuten reichen Cris Koch, den Raum endgültig in den Club zu verwandeln, den alle vor Augen hatten. Schnelle, harte zwei bis drei Minuten lange Stücke wirft Koch den Zuhörern vor die Füße, die noch lange klatschen, als die Drumbox schon das Kommando übernommen hat, während der Künstler die Glückwünsche entgegen nimmt.

Der Aufprall ist geglückt und er war heftig. RICOCHET, die Ausstellungsreihe der Villa Stuck, ging mit den Arbeiten des ersten Künstlers in dieser Reihe, Cris Koch, unvermittelt und direkt auf Konfrontationskurs mit den Besucherinnen und Besuchern des Museums. Das Ziel, das RICOCHET erreichen will – die Sensibilisierung für die Werke junger Künstlerinnen und Künstler, der Einbruch in die gesicherte Museumswelt auf inhaltlicher und räumlicher Ebene – es ist in der Ausstellung und den begleitenden Veranstaltungen aufgegangen.

Daher an dieser Stelle ein großer Dank an Cris Koch, an Anne Marr, an alle, die den Start von RICOCHET so fabelhaft mitgestaltet haben!

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