Eröffnung: „Lee Mingwei – 禮 Li, Geschenke und Rituale“

Seit 27. Mai präsentieren wir in der Villa Stuck zum ersten Mal in München die Arbeiten des in Taiwan geborenen Künstlers Lee Mingwei (*1964). Wir zeigen Installationen und Performances aus den letzten 30 Jahren, mit denen der Künstler Rituale des Schenkens und Beschenktwerdens in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stellt. Die aktive Einbindung des Publikums ist deshalb zentral für die Ausstellung. Lee hat seine Arbeiten bereits im Metropolitan Museum of Art in New York, im Mori Art Museum in Tokio, im Centre Pompidou in Paris und im Gropius Bau in Berlin gezeigt.

Foto: Anpis Wang

„This show is very much about gifts between strangers“, sagt der in Paris und New York lebende und arbeitende Künstler über seine Ausstellung. 15 seiner Projekte hat er dazu in unser Haus mitgebracht. Es geht um Überraschungen, um Gesten, um kleine oder größere Aufmerksamkeiten. Im historischen Musikzimmer Franz von Stucks etwa kann man dieser Tage auf eine*n Opernsänger*in treffen, die*der gerade ein Lied von Franz von Schubert singt. Im Neuen Atelier dagegen wartet das Mending Project mit hunderten von Garnrollen an der Wand: hier werden mitgebrachte Kleidungsstücke der Besucher*innen von Näher*innen repariert, verziert und verschönert. Der Living Room lädt Münchner*innen dazu ein, ihre persönlichen Sammlungen im Rahmen der Ausstellung zu zeigen. Die verschiedenen Stationen evozieren überraschende und beglückende Begegnungen –  es sind Begegnungen mit anderen und Begegnungen mit sich selbst.

Schenken als Kunstform

Das Schenken als scheinbar alltägliche Handlung oder Ritual wird von Lee Mingwei als Kunstform entdeckt. Durch die Güte, die Freundlichkeit und die Poesie, mit der man Geschenke versieht. Als vielleicht schönste Form der zwischenmenschlichen Kommunikation tragen sie ein Stück des Frieden in sich, der für die Werke von Lee Mingwei ein ebenso zentrales Motiv ist. „It is a peace between you and yourself and then between you and a stranger. So it’s up to you to define, what this peace is and hopefully you can share it with other people.“, präzisiert Mingwei den Gedanken des Friedens im Kontext seiner Arbeiten. Er hofft, dass seine Werke Fragen bei den Besucher*innen anregen.

Foto: Barbara Donaubauer

Möglich gemacht hat diese Ausstellung auch eine Dienstreise von Kuratorin Anne Marr nach Japan von einigen Jahren. Damals wurden Lees Arbeiten in der Ausstellung „Lee Mingwei and His Relations: The Art of Participation“ im Mori Art Museum in Tokio gezeigt. Eine Kunst-Begegnung, die sie tief beeindruckt.

Nachdem Lee Mingweis Ausstellung „禮 Li, Geschenke und Rituale“ letztes Jahr im Gropius Bau in Berlin gezeigt wurde – leider mit Einschränkungen aufgrund der Pandemie-Situation – war es naheliegend, ihn auch nach München einzuladen. Eine Einladung, die er zu unserer großen Freude dankend annahm. „Die Besucher*innen verlassen diese Ausstellung mit neuen, sehr persönlichen Erfahrungen. Sie berührt durch direkte Ansprache, Aufmerksamkeit, Kontemplation und zwischenmenschliche Begegnungen“, fasst Marr ihre Eindrücke und Hoffnungen für die Ausstellung zusammen.

Ein Picasso aus Sand

Als vielleicht spektakulärste Arbeit wird bei „Guernica in Sand“ ein riesiges Sandbild – eine Nachbildung von Picassos berühmtem Gemälde „Guernica“ (1937) – mit Besen verwischt. 9.000 Stunden Arbeitszeit und 7.000 Kilogramm Sand stecken in dem in Anlehnung an die Tradition der Sandmandala angefertigten Sandgemälde, das den Boden der obersten Etage großflächig bedeckt. Durch die gemeinsame Produktion und die spätere Verwischung des Werks bei einer Performance – auch Besucher*innen können daran Teil haben – rückt Lee Mingwei die Motive des Zufalls, des Vertrauens und der Unbeständigkeit in unser Bewusstsein. Es geht ihm dabei aber nicht um die Zerstörung an sich – eigentlich ja ein Skandal bei einem so erhabenen Motiv – sondern um den Umgang mit Veränderung und um die Frage, wie wir als Menschen nach Erfahrungen der Ohnmacht weitermachen können. Picasso malte das Bild einst als Protest unmittelbar nach der Bombardierung der baskischen Stadt Guernica.

 

 
 
 
 
 
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Endlich wieder begegnen

Lee Mingwei freut sich – jetzt wo wir das Museum endlich wieder öffnen dürfen – auf viele Begegnungen mit den Besucher*innen. Er wird während der Ausstellung immer wieder vor Ort sein. Diese Ausstellung kommt genau zur richtigen Zeit, wenn wir den Umgang miteinander in öffentlichen Räumen nach Monaten der Zurückgezogenheit gerade wieder neu entdecken. „禮 Li, Geschenke und Rituale“ küsst unser Museum genau zum richtigen Zeitpunkt wach.

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