Peter Hendricks über Martin Fengel #36

Mit dem Aufhängen dieses Bildes in der Villa Stuck fing alles an. Und mit eben diesem Bild nimmt die Blogreihe zum Fengel´schen Bildatlas nun auch ihr Ende. Martin Fengels Wachs-Bild, erinnert den Fotografen Peter Hendricks, Professor für Fotografie an der Muthesius Kunsthochscule in Kiel, an Bilder aus seiner Jugend:

„Mein“ Bild ist darum bemüht, nichts außer tropfkerzenzugehörigem Wachs zu repräsentieren. Da ist nichts Weiteres zu sehen.

Ich kenne die Tropfkerze aus meiner Jugend. Sie harmonierte mit den selbst gemachten Batiken. Wir schätzten den Charakter des Kerzenlichts, das flackerte und im Raum schnell an Helligkeit verlor, ihn in kurzer Entfernung dunkel werden ließ, wodurch wir näher zueinander fanden. Aus dem Wachs einen Stalagmiten werden zu lassen, schien da folgerichtig. Kerzenlicht galt als natürlich, nicht zu vergleichen mit dem Licht aus den Kraftwerken. Damals wollten wir unsere Ruhe haben vor der Gesellschaft und dem Kapital. Die Tropfkerze konnte das deutlich machen.

Martin Fengel bildet den Ausschnitt eines solchen Objekts mit höflicher Genauigkeit ab. Tatsächlich schauten damals unter dem Wachs meist Weinflaschen vor, die als Kerzenständer dienten. Das Wachs verteilte sich langsam, ungleichmäßig, immer unbefriedigend. Es war mit Ruß und Streichholzresten versetzt und mit Staub verschmutzt, der sich vom Wachs nicht lösen ließ. All das ist in dieser Aufnahme ausgeklammert. Niemandem wird nachgeredet. Es geht hier darum, dass die Dinge, als Ausdruck von Vorstellungen, ihre ursprünglichen Bedeutungen über die Zeit nicht halten können. Sie wirken dann unzweckmäßig, oft gar komisch. Heute ist die Tropfkerze nackt; die Ideen von gestern sind ihr verloren gegangen.

Natürlich gehören auch Fotografien in die Kategorie der Dinge. Die schlichte Art, wie der Wachs beschrieben ist, die spröde Ästhetik des Bildes, deute ich als Appell, die Bedeutung des Kerzenfotos als vergänglich anzusehen. Das Bild bezeugt so seine Verwandtschaft mit dem Abgebildeten und der Autor, auf nächst tieferer Ebene, seine Nähe zu jenen, deren Spuren er verewigt hat.

(Peter Hendricks)

Fengel`scher Bildatlas – der Nachklapp: Auf mucbook und im Blog der Villa Stuck zeigen wir noch bis 4. März jeden Montag Texte verschiedener Autoren zu Bildern von Martin Fengel. Die Zugabe rekrutiert sich aus Bildern, die im Rahmen des Kunstprojektes „Wachs“ bereits ihren Platz im Foyer der Villa Stuck gefunden hatten, als das Begleit-Blog startete.

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