STIMMEN, die essayistischen Filmkunstwerke Maya Schweizers


Maya Schweizer, Manou, La Seyne-sur-Mer, 2012

Die stille Eröffnung der neuen Ausstellung STIMMEN von Maya Schweizer am 21.10. steht ganz im Kontrast zum Ausstellungstitel. Auch vor Ort ist es nicht still, sondern weben die elf Filme der Künstlerin einen Soundteppich, der sich durch die Räume bewegt. Beim Betreten des neuen Ateliers wird es jedoch nicht laut, vielmehr tauchen die Besucher*innen ein in die dunklen Räume, erhellt durch vereinzelt platzierte Videoinstallationen. Hier wird dem Bewegtbild Raum gegeben, um sich frei zu entfalten, für sich zu stehen oder auch mit anderen Bildern zu korrespondieren.

Ein Abdruck von Realitäten

Das Museum Villa Stuck zeigt eine Auswahl von zehn Filmen der letzten 14 Jahre sowie eine für die Ausstellung neu produzierte Arbeit, Voices and Shells (2020), für die Maya Schweizer wiederholt in München drehte. Die essayistischen Filmarbeiten Maya Schweizers schlagen einen Bogen zwischen Geschichtssuche, Erinnerungskultur und Gegenwart. Es scheint, als ob die Kurzfilme selbst etwas betrachten, neue Bezüge herstellen und durch das filmische Vokabular eine neue Geschichte erzählen.

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Maya Schweizer, Voices and Shells, 2020

Vergessen und Erinnern in Bildern

“Sie gewöhnt sich nicht an die Erinnerung und auch nicht an das Vergessen” – dieses Zitat aus Voices and Shells könnte auch als Bezug auf das filmische Schaffen von Maya Schweizer verstanden werden. Die Filmbilder erinnern an Vergangenes, zeigen versteckte Orte – wie etwa die Kanalisation Münchens in Voices and Shells – und setzen sie in neue Bezüge. Das rauschende Wasser der Isar, Flugblätter, die auf den Boden der Universität fliegen, eine sich häutende Schlange. Vergangenheit und Gegenwart entblättern sich, unter der Begleitung langsamer Klaviermusik und fast flüsternder Stimmen, zu einer neuen Realität.


Maya Schweizer, A Memorial, a Synagogue, a Bridge and a Church (Ein Denkmal, eine Synagoge, eine Brücke und eine Kirche), 2012

In A Memorial, a Synagogue, a Bridge, and a Church (Ein Denkmal, eine Synagoge, eine Brücke und eine Kirche, 2012) wird ein Platz in Bratislava zu einem Laborraum. Die filmischen Bilder führen die Betrachter*innen um einen Ort, an dem sich Strukturen und Epochen überlagern. In Regarde par ici, … Und dort die Puschkinallee (2018) thematisiert Schweizer einen ehemaligen Wachturm an der Grenze zwischen Ost- und Westberlin; in L’étoile de mer (Der Seestern, 2019) bewegt sie sich zwischen Erinnerung und Vergessen, erzeugt durch eine assoziative Fülle von Bildern.


Maya Schweizer, Regarde par ici, … Und dort die Puschkinallee, 2018

Maya Schweizer wird immer wieder zur akribischen Beobachterin und macht so das Alltägliche zum Besonderen. Ihre Reflexionen über Alltagsräume stehen zwischen Dokumentation und Inszenierung. Selbst produzierte Bilder verschränken sich mit gefundenen Materialien. Neues wird mit Vergangenem verflochten und bildet verwoben mit gesampelten Sounds und Texten eine neue Struktur, in der man sich als Betrachter*in genauso verlieren wie auch durch Erinnerungen wiederfinden kann

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Am Abend der Ausstellungseröffnung: Maya Schweizer (r.) im Gespräch mit Dr. Laliv Melamed (Goethe-Universität Frankfurt a. M.)

Maya Schweizer STIMMEN läuft bis 24. Januar 2021. Rundgänge mit Juliane Bischoff, Kuratorin, NS-Dokumentationszentrum München, am 28. Oktober und 9. Dezember 2020 sowie am 20. Januar 2021, jeweils Mittwochs 17 – 18 Uhr. Bitte melden Sie sich dazu an per E-Mail an villastuck@muenchen.de oder telefonisch unter +49 89 45 55 510.

Ein Video-Mitschnitt vom Künstlergespräch zusammen mit Dr. Laliv Melamed (Goethe-Universität Frankfurt a. M.) ist ab sofort auf unserem YouTube-Channel zu sehen:


Fotos: ©Mirja Kofler

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