Die Autorin Nika Scheidemandel schreibt diese Woche über ein Werk von Martin Fengel:
ARRIVIDERCI SIGNORE LUCCA
Der Maler scheint bei näherer Betrachtung A.Lucca zu heissen.
Ist das nicht eines von M.Fengel´s Synonymen? (Das ist die erste Frage die mir in den Sinn kommt.)
DAS BILD:
Es handelt es sich bei diesem Abbildnis um einen Schimpansen der schon früh in eine italienische Adelsfamilglie integriert- und visuell adaptiert wurde. Unter dem weissen Leinenhemd befindet sich sein dichtes, warmes Fell und sein Herz schlägt etwas schneller als gewöhnlich, weil er nicht daran gewohnt ist so lange auf einem Weinfass zu sitzen und von einem italienischen Artista der Hofgesellschaft (Mantua ?) in Öl eingefangen zu werden. Dieser singt viel zu laut und disharmonisch, mehr gleich dem Hofschenk als einem Künstler und zwar ein Stück aus Verdis RIGOLETTO. In einer Hand hält er den tropfenden Pinsel mit Ölfarbe und in der anderen ein Glas Chianti aus dem die rote Flüssigkeit bei jedem Pinselschwung etwas zu Boden schwappt. Der Affe ist nervös und fühlt sich nicht wohl. Lucca mustert ihn mit seinem intensiven Blick seit bereits mehr als zwei Stunden.
Der Affe trägt keine Hose und obwohl das für seine Art typisch ist, hat dieses Äffchen schon früh gelernt was Scham ist und seine Zehen sind zusammengekrampft und suchen auf dem polierten Parkettboden nach Halt, seine Hände ziehen das weiße Leinenhemd nach unten um das früh gelernte notdürftig zu bedecken.
Sein Mund ist trocken und er schluckt angestrengt. Er blickt nach oben, einem Reflex und dann dem Pfeil der Sorgenfalte auf seiner Stirn folgend und er entdeckt das Schutzschild seiner Narrenmütze. Sein Herz beginnt schneller, vor allem lauter zu schlagen.Das zarte Nervenkostüm spannt sich an,die Überhitzung verwandelt sich in Adrenalin und dann in pochende Wut. Seine Ohren beginnen zu pfeiffen, seine Kieferknochen arretieren, seine Augen verengen sich und visieren den Feind. In einer blitzschnellen Bewegung reisst er sich die Mütze vom Kopf, sie ist mit einem Holzbrett versteift und er schleudert diesen absurden Bumerang Richtung Signore Lucca´s . RIGOLETTO verstummt, das Glas fällt klirrend zu Boden, dann die Staffelei. All das sieht nur der Affe, wir hören es nur. Der Bumerang kommt nicht zurück.
Der Schimpanse springt auf dem Weinfass in die Hocke und klopft sich mit einem stummen Schrei auf die Brust.
Dann schwingt er sich aus dem bordeaux/goldenen Rahmen aus dem Bild und schaltet im Sprung mit drei seiner wendigen Fusszehen das Licht aus. (Siehe Lichtschalter im Bildrand links unten, mein beliebtestes Stilelement dieses Fotografen, ever!)
Als der Museumswächter morgens früh das Licht wieder anschaltet hat sich der Affe rückwärts in den Rahmen gesetzt. Schamlos und nackt und fellig. Die Narrenmütze scheint es ihm angetan zu haben. Er trägt sie nun seitlich aufgesetzt, deren steife Kante ist nun mit Blut versehen. Das Blut Lucca´s tropft dem Museumswärter auf die frisch polierten Schuhe….
Hip Hop Soundtrack setzt ein.
Playlist 1. A Milli – Lil Wayne 2. Ni**as in Paris – JAY Z & Kanye West 3. Did It On’em – Nicki Minaj (played by Oscar M.)
Martin Fengel hat anläßlich des Jubiläumsjahres der Villa Stuck in der Empfangshalle eine Fotoausstellung, die wöchentlich um ein Werk ergänzt wird.
Auf mucbook und im Blog der Villa Stuck verraten wir jeden Montag – wenn das neue Bild aufgehängt wird – was sich eine Person dazu dachte. Gerne ist auch jeder Leser des Blogs dazu eingeladen, in der Kommentarzeile frei und ungestüm zu assoziieren. Begleitet wird der Fengel‘sche Bildatlas durch vier Veranstaltungen, allesamt musikalischen Ursprungs, die in enger Zusammenarbeit mit Martin Wöhrl, Bernd Zimmer, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und dem Münchner Label GOMMA entstehen.
Tags: Fotografie