Die Philosophin Anja Lückenkemper arbeitet als Assistenzkuratorin für den Kunstverein München. Hier ihre Gedanken zu Martin Fengels Portrait von zwei Eimern.
Wie schreibt man über eine Fotografie, wenn man nicht über den Fotografen sprechen möchte? Wenn man sich dem Bild ohne Kunsttheorie oder Fotografievorverständnis annähern möchte, wenn man einfach nur sehen will?
Martin hat mir ein Bild geschickt, das nicht viel enthüllt: Man sieht zwei Plastikeimer – der eine blau, der andere ein helles, grünliches Grau. Ein Foto also, ohne Anleitung zur Lesart. Eine Raumsituation, ohne Hinweis zur Verortung. Alles in allem, auf den ersten Blick, ein eher grimmer Ort. So stehen sie also nebeneinander: links blau, rechts grau, vor einer schmutzigen weißen Wand, den Halbkreis eines Wasserschlauchs über ihnen. Umgedreht – Funktion und Zweck ihres Seins nicht ausfüllend. Abgestellt auf der oberen Stufe einer Art zweistufiger Treppe, die an der Wand endet – auch hier scheint eine Funktion nicht ausgefüllt zu werden.
Der graue Eimer, er könnte auch weiß gewesen sein, in einem anderen Leben, bevor er hier, vielleicht zum Abtropfen, abgestellt wurde – aber wie bleibt man weiß in dieser Umgebung, in der das Grau der Fliesen wohl auch nie wieder sauber wird. Immerhin: sein rotbrauner Henkel, wenn auch fast verdeckt, steht noch widerständig gegen die fließenden Farben der Situation.
Und trotzdem wirkt das Arrangement fast schon behutsam aufgebaut. Links neben den Eimern verläuft eine Wasserleitung. Als würde es den Protagonisten der Szene Platzmachen wollen, biegt das weiße Plastikrohr kurz über dem blauen Eimer ab. Ein Knick nach links, der tendenziell selbstgebaut wirkt und eine schöne Veränderung einführt: Das Rohr ändert seine Farbe, nimmt das Blau des Eimers auf. Und ich denke mir, das hat doch jemand mit Absicht gemacht! Den Eimer an den Knick gerückt, Blau an Blau.
Der Versuch einer Verortung rückt in den Hintergrund, denn sympathisch ist mir die offensichtlich arrangierte Situation mit ihrem Farbgefühl und dem Blick fürs Detail längst geworden.
Ein Begleitblog zum Projekt “Wachs” von Martin Fengel:
Martin Fengel schickt jede Woche einem Künstler, Autor und anderen Menschen, dessen Arbeit oder Werk er besonders schätzt, ein Foto mit der Bitte, dies zu betrachten und ein paar Zeilen über die einströmenden Assoziationen aufzuschreiben. So entsteht zu dem optischen auch ein textliches Kompendium, was sowohl die Möglichkeit der Interpretation oder einfach nur der Beschreibung birgt.
Auf mucbook und im Blog der Villa Stuck zeigen wir jeden Montag – wenn das neue Bild aufgehängt wird – was sich eine Person dazu dachte.
Tags: Installation