Russland – München, Politik – Kunst.

Ein sehr spezieller Abend im Museum Villa Stuck mit Oleg Kaschin

Am Donnerstag Abend fand im Museum Villa Stuck im Rahmen der Ausstellung „Andrei Molodkin. Liquid Black“ eine Lesung aus Oleg Kaschins Debütroman »Es geht voran« statt. Anwesend waren der Autor selbst, angereist aus Moskau, die Übersetzerin Franziska Zwerg und zahlreiches neugieriges Publikum.

Oleg Kaschin, geboren 1980 in Kaliningrad, ist einer der bekanntesten und aktivsten Journalisten Russlands. Immer wieder setzt er sich kritisch mit Demokratiemängeln in seinem Land auseinander. Kurz vor einem Überfall auf ihn, bei welchem er vor seiner Wohnung in Moskau von Unbekannten angegriffen und schwer verletzt wurde, hatte er bei seinem Verlag den Roman abgegeben. Er selbst sagt im Verlauf des Abends, dass der Überfall jedoch nichts mit dem Buch direkt zu tun hat, sondern vielmehr eine Reaktion auf seine Berichterstattung über ein umstrittenes Bauprojekt gewesen sein könnte.

Kaschin ist seit 2001 journalistisch tätig. Er schreibt fast täglich für die russische Tageszeitung Kommersant und verfasst Beiträge für den hauseigenen Radiosender. Parallel dazu betreibt er einen Weblog und verschickt unzählige Tweets über seinen Twitter Account „Kashin Kashin Kashin“ , den fast 35.000 Follower lesen. In über 133.000 Tweets verschickt Kashin Kommentare, Zitate aus russischen und internationalen Medien, Bilder, kommuniziert unablässig über die politischen Zustände in Russland.

Kurz nach seiner Ankunft in der Villa Stuck twittert Oleg Kashin ein Foto, das er von dem Haus gegenüber des Museums an der Prinzregentenstraße aufnimmt.

Vor der Lesung geht Kashin noch auf einen Rundgang durch die Ausstellung von Andrei Molodkin in den Historischen Räumen der Villa Stuck. Auch hier ist die Kamera stets dabei und werden die Werke von Molodkin wie auch einige Impressionen von Stuck sofort über das Smartphone verschickt.

Kurz vor Beginn der Lesung macht Kashin ein Foto vom Publikum, auch dieses wird sofort ins Netz gestellt.

Kaschins Roman »Es geht voran« erzählt als »phantastische Satire voller Seitenhiebe aufs heutige Russland« (Spiegel Online) von dem jungen Moskauer Erfinder Karpow. Dessen Entdeckung – ein Serum, welches das Wachstum von Lebewesen beschleunigt – bietet nicht nur ungeahnte Möglichkeiten, sondern weckt auch Begehrlichkeiten in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik und mündet schließlich in ungeahnten Verwirrungen, Konflikten und Grausamkeiten. Kashin und Franziska Zwerg, die bereits zahlreiche Werke aus dem Russischen übersetzte sprechen über das Buch, das Publikum erfährt, dass es Kashins erster Roman ist, den er in einem Zeitraum von nur knapp zwei Wochen geschrieben hat, der für ihn aber auch ein Testlauf war. Er erzählt, dass er Dinge beschreiben wollte, die er in seinen journalistischen Texten nicht beschreiben kann.

Im Anschluss an die Lesung geht es fast ausschließlich um politische Themen. Das Publikum stellt Fragen zur Lage der oppositionellen Bewegungen in Russland, zum Umgang der Regierung mit den Medien und hört den Antworten von Oleg Kaschin, toll übersetzt von Franziska Zwerg, fasziniert und erschüttert zugleich zu. Kaschin formuliert unverblümt seine Meinung zur aktuellen politischen Situation in Russland so wie er das auch in seinen Texten in russischen und internationalen Medien macht. Es sind Eindrücke aus erster Hand, die zu einem fast einstündigen Frage-Antwort-Spiel führen, das erst gegen 21.30 Uhr langsam zu Ende geht.

Nach einem intensiven Abend fährt Kaschin ins Hotel, um weiterzuarbeiten, er muss noch seinen Beitrag für den Radiosender fertigstellen und per mp3 nach Moskau schicken, damit er am nächsten Tag gesendet werden kann.

Weitere Fotos von Oleg Kaschin aus der Molodkin-Ausstellung:

Tags: ,

Kommentare sind geschlossen.